Lukas fährt Bahn: Geschichten aus dem Pendel-Alltag eines Studenten

Lukas fährt Bahn: Geschichten aus dem Pendel-Alltag eines Studenten
Photo by Markus Winkler / Unsplash

Es ist wieder soweit. Nach einer entspannten Vorlesung und genüsslicher Wampenpflege in der Mensa geht es für unseren hoffnungsvollen Protagonisten zum Bahnhof. Am heutigen Tage habe ich den Ausdruck "Dem kotz ich gleich ins Müsli" von einem Kommilitonen aufgeschnappt und ihn instantan in mein Sprachvokabular zwischen "Der ist heute mit zwei linken Beinen und keiner Gehirnhälfte aufgestanden" und "Schmutz, Schmutz ich hasse die Bahn, die würdens ja nicht mal schaffen den Zug pünktlich im gleichen Bahnhof stehen zu lassen", eingegliedert.

Während ich leichtgläubig hoffnungsvoll nun also in der Tram auf dem Weg zum Bahnhof fröhlich im Takt zur Musik pfeifend meinen DB-Navigator checke, trifft mich der Schlag, wie es nur der Bahngott bewerkstelligen kann: Verspätung des Euro citys und nur 2 Minuten zum Umsteigen in Stuttgart. Mit langsam schwindender Hoffnung begebe ich, der (nicht mehr ganz so) hoffnungsvolle Vielbahnfahrer, mich also ans Gleis und gehe meiner Lieblingsbeschäftigung nach: Bahnmenschen mit dem Servicetelefon kontaktieren.

Nach kurzem Gespräch weiß ich nun, dass um 16:20 ein alternativer Mex (Das sind die pünktlichen Züge weil da nicht Deutsche Bahn drauf steht) von Stuttgart aus Richtung Heimat auf mich wartet und es wird Zeit, die kurze Panik mit einem tiefen zufriedenen Seufzer zu verabschieden.

Nach kurzer Verschnaufpause kommt dann auch der verspätete EC unheilverkündend in den Bahnhof gestöhnt. Wagen 8, Wagen 7, Wagen 5...

WAGEN 5?

Mit einer Sitzplatzreservierung für Wagen 6 ala Gleis 9 3/4 (Ist nur da wenn man mit voller Hingabe gegen die Wand rennt, siehe auch: Halluzinationen) stürze ich mich also in den Kampf um einen Sitzplatz in einem völlig überfüllten und zutiefst museumsreifen Freitag-Nachmittag-Zug quer durch Deutschland.

Nachdem mir die Schaffnerin versichert zu meinem Platz zu kommen, um mir einen Nachweis über den verschwundenen Wagen auszustellen und ich endlich zusammengequetscht in einem 4er Sitz meiner Arbeit nachgehe, scheint doch alles gut zu werden und für einen kurzen Moment denke ich mir, dass ich wohl doch keine Episode von Lukas fährt Bahn an meine Freunde verteilen müsse. Ha! Weit gefehlt 😂

Nachdem der Wagen 6 sich in ein Paralleluniversum verabschiedet hatte, in welchem wahrscheinlich die Bahnen pünktlich fahren, tat es ihm die Schaffnerin gleich und verpuffte ins Nichts. Selbst das Suchen derselbigen brachte, außer der Erkenntnis dass es noch stickigere Wagen gab als der Meine, keinen Erfolg. Das wars dann mit der Bescheinigung...

In der Zwischenzeit - Man glaubt es kaum - hatte sich der ominöse "Oh ups, der Zug ist ja kaputt! Da hat der Tüv wohl nicht aufgepasst"-Virus wieder einmal bei der deutschen Bahn eingeschlichen: Mein Anschlusszug hatte nun eine Verspätung durch Reparatur, sodass ich sogar wieder 15 Minuten Umstiegszeit hatte (trotz der Verspätung meines eigenen Zuges).

Mit pünktlicher Verspätung erreichte nun mein Zug schließlich Stuttgart und die Türen öffneten sich während in der gleichen Sekunde mein Gehirn realisierte, dass die Bahnmenschen heute wohl wieder auf dem Bahnhofspult ausgerutscht waren:

Die Ansagensprecherin, die sich abmühte, mit der Anzahl ausfallender oder verspäteter Züge mitzukommen, und dabei durch die Verzögerung der Lautsprecher pro Bahnhof selber ins Wort viel, sodass man gar nichts mehr verstand, wurde nur noch von der schier Wasen-ähnlichen Dichte an Menschen getoppt, die sich durch den massivst überfüllten Bahnhof schlängelten.

Nachdem mir ein anderer Schaffner mitgeteilt hatte, dass es gar keine Bescheinigung für verschwundene Wagen geben würde und er auch das Ticket nicht stempeln könne, da er jetzt erst zugestiegen sei - begab ich mich frustriert auf den Weg durchs Menschenmeer.

Nach mehreren Wutbürgern, die Lautstark und uncharmant ihre Verärgerung über die aktuelle Bahnsituation mitteilen mussten, sodass ich aufgrund des Nachhalls der Beleidigungen und Schimpfwörter am liebsten den ganzen Absatz zensieren würde, erreichte ich mein überfülltes Gleis.

Die Enge, die mir schon vor Corona zu viel gewesen wäre, quetschte mich förmlich aus während ich neben einem weiteren dieser so genannten Wutbürger auf meinen langsam näher kommenden Anschlusszug wartete.

Da dieser Zug wohl der Einzige seit 2 Stunden war, der sich Richtung Nürnberg bewegen wollte, war ich verwundert, dass ich überhaupt durch die Wand verknoteter Menschen zu meinem Sitzplatz gelangte. Erfolg! Eingequetscht zwischen 3 Mädchen, die sich zutiefst darüber amüsierten, als ich meiner Mum mit den Worten "Denen kotz ich gleich ins Müsli" frustriert die aktuelle Situation schilderte, begann sich der Zug gemütlich Richtung Heimat zu bewegen.

Währenddessen erhielt ich die Nachricht dass sich der Reifen unseres Autos genau den heutigen Tag für einen Reparaturmoment ausgesucht hatte und nun fröhlich zischend die gerade hereingepumpte Luft entweichen lies. Murphys Law und so...

Also begann ich nun mit dem Wissen, dass sich meine Heimfahrt gerade um 2,60€ für den Bus verteuern würde, meine Geschichte in Worte zu fassen, und erreichte dann (man glaubt es kaum) mit nur etwas mehr als 20 Minuten Verspätung Schwäbisch Gmünd.

Dort angekommen begab ich mich zum ZOB und sitze jetzt in einem pünktlich abfahrenden Bus (Da steht ja auch nicht Deutsche Bahn drauf 🤪) der mich teuer, aber pünktlich nach Hause fährt.

Dort darf ich mich dann ins andere Auto setzen und meine Eltern abholen, da diese im Moment beim ATU gestrandet sind. Von der Zeit, die ich heute eigentlich wegen eines abgesagten Vorhabens dazugewonnen hatte, bleibt mal wieder nichts als Frust und eine Geschichte, die hoffentlich zumindest euch, liebe Leser, erfreut.

Ich würde an dieser Stelle gerne ein "Ich hoffe dass ich möglichst lange keine dieser Geschichten mehr schreiben werde" stehen sehen, aber wir alle wissen, dass ich und der Deutsche Bahn Gott nicht die gleiche Ansicht von Pünktlichkeit und schönen Zugerlebnissen teilen. Bis nächste Woche dann, wenn es wieder heißt: Lukas fährt Bahn :)


Danke fürs Lesen!

Hey, ich bin Lukas 👋
Während meinem Studium pendle ich regelmäßig zwischen Darmstadt und Schwäbisch Gmünd mit der deutschen Bahn. Meine Erlebnisse teile ich hier auf meinem Blog, damit zumindest Andere über die Kuriositäten der Bahn lachen können, während ich frustriert am Bahnsteig auf meinen Ersatz-Zug warte.

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